Zum Tod von Günter Sauer
Wir trauern um unseren Doktor, unseren Günter Sauer, der uns nach einem langen und erfüllten Leben am 22.12.2019 für immer verlassen hat.
Er wurde 90 Jahre alt. Noch 8 Tage zuvor bestritt er im Rollstuhl sitzend und in Begleitung seines Sohnes Jörg seine letzte Mission für die Musici Medici,
indem er das Konzert in der Schlosskirche in Schöneiche besuchte. Er hat uns mit seiner Anwesenheit noch einmal ein Geschenk von großer Bedeutung gemacht.
Er war einer der ganz besonderen Menschen, die etwas hinterlassen, das größer ist als jeder einzelne von uns. Er besaß einen unverwechselbaren Geist,
den wir nie vergessen werden. Sein selbstgewählter Titel "Spiritus Rector" konnte nicht passender sein. Er gehörte zu denen, die ihr Leben nicht
nur für sich selbst verbringen, sondern eine lebendige Vision haben, etwas bewirken und die Welt ein wenig besser machen.
Seine Stärke bestand in der Kunst, Dinge zusammenzubringen und Neues entstehen zu lassen. Er hat Brücken gebaut und Verbindungen geknüpft.
Seine Brücken waren stabil und tragfähig, seine Verbindungen reichten weit.
Er brachte Menschen miteinander in Kontakt. Er vereinte uns im Geist der Musik, seines Charmes und seines reichen Wissens.
Er wirkte inspirierend, stiftete Leidenschaft, regte zu Bildung und Entwicklung an. Er war gesellig, witzig und unterhaltsam, nie banal oder gleichgültig.
Er verband mit Leichtigkeit und Humor Wissenschaft mit Kultur, er erfand einige markante Früchte der Verschmelzung von Medizin, Biochemie, Musik und Geschichte.
Davon zeugt nicht allein die Gründung des Orchesters "Musici Medici", in welchem seit inzwischen 38 Jahren vorrangig Ärzte, Medizinstudenten und Akademiker
anderer Fachrichtungen als aktive Instrumentalisten zusammenwirken. Auch Wortschöpfungen im galanten Stil der Barockzeit, Programmgestaltungen, Anekdoten
und Erzählungen aus seinem reichen Leben waren unerschöpfliche Produkte seines regen Geistes. Er hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Charité das
Leben der Fakultät mit Kultur versorgt und viele Veranstaltungen aktiv bereichert. Wenn musikalische Anspielungen und Raffinessen wie beispielsweise
die Vertonung einer "Blasensteinoperation" (Marin Marais um 1700) oder der legendäre "Hymnus an das Insulin" (Peter Gotthardt, 1991) auf dem Programm
standen, war er in seinem Element und begeisterte Musiker und Zuhörer in besonderem Maße. Er wirkte als aktiver Musizierender am Cembalo und Klavier.
Viele Jahre boten die Konzerte der Musici Medici neben der Musik eine typische Besonderheit in Form seiner berühmten "Moderatio", durch die er als Dozent
in der Art einer Vorlesung auf seine unverwechselbar humorvolle Weise Wissen zu den dargebotenen Werken, ihrer Komponisten und den historischen Bezügen vermittelte.
Von seiner Herzlichkeit und Begeisterungsfähigkeit waren unzählige Konzerte in Berliner Kirchen, akademische Feiern in den ehrwürdigen Hörsälen der
Humboldt-Universität und Reisen im In- und Ausland geprägt. Durch seine unermessliche Gastfreundschaft wurden Gartenserenaden, Schubertiaden,
Weihnachtsfeiern und viele private Zusammenkünfte in seinem "Refugium musicum" beseelt. Die Intensität seines Wirkens, sein unermüdlicher Einsatz für
jeden einzelnen von uns hat so manches Leben nachhaltig beeinflusst. Jeder unter uns, der ihn aktiv erleben durfte, ist von tiefer Dankbarkeit erfüllt.
Es ist ein Geschenk des Lebens, ihn gekannt zu haben.
Constanze Riedel im Namen der Musici Medici
|